Abschlussbericht

Donnerstag, 24.11.2022

Abschlussbericht

Datum: 24.11.2022

 

Ich versuche nun, euch meine Erfahrungen und Erlebnisse dieser Reise in wenigen Worten noch einmal zusammenzufassen.

 

Zuerst einmal für die Statistiker und Interessierten:

 

Gesamtkilometer:          3.333 Km von Wolfsthal (Grenze zu Bratislava) bis an das Kap Finisterre

Gesamttage:                        150 (inkl. Krankheits- und Pausentage)

Reine Gehtage:                   132

Tagesdurchschnitt reine Gehtage: 25 Km

 

Gesamthöhenmeter nach oben: 47.314 Hm

 

Kosten:

Verpflegung:        3.755 € (Durchschnitt pro Tag 25 €)

Unterkünfte:        6.116 € (Durchschnitt pro Tag 40 €)

Sonstiges:            2.028 € (Souveniers, Taxis, Züge, Rückflüge, Amigo Rep./Versand, Tattoos, …)

Gesamtkosten: 11.898 €

 

Der Entschluss, von Wolfsthal zu starten, war für mich ideal, da ich ja auch direkt in Asten (meinem Wohnort) vorbeikam und somit mein Vorhaben, an der Haustüre zu starten, einhalten konnte.

Dies ermöglichte mir auch, dass ich mich auf die lange Reise einstellen konnte, obwohl ich hier anmerken muss, dass dies nicht vergleichbar war, da es ja nur einzelne Etappentage waren. Dennoch erlangte ich einige Inputs, welche ich auch auf meiner Reise verwenden konnte.

Außerdem konnte ich diesen Teil meines Weges noch mit Amy gemeinsam gehen, was mir natürlich extrem gefallen hat.

 

Der Start am 01.07.2022 in Asten war dann nach ca. 3 Jahren der Planung und des Wartens eine absolute Erleichterung für mich. Nun konnte ich mir endlich meinen Traum erfüllen.

Dazu muss ich meiner Frau, aber auch meiner Firma danken, da sie es mir erst ermöglicht hatten.

Ich war und bin mir absolut bewusst, was ich Pamela mit dieser langen Abwesenheit, gerade im Zusammenhang mit den zusätzlichen Aufgaben wegen Amy, zugemutet hatte. Nichtsdestotrotz hat sie alles nach einer kurzen Eingewöhnungsphase perfekt bewältigt! Dafür danke ich dir mein Schatz!

 

Um es nicht all zu lange werden zu lassen, mache ich nun kurze Absätze zu den einzelnen Ländern.

 

Österreich:

Da ich hier im Juli unterwegs war, hatte ich das größte Problem, geeignete Unterkünfte oder Campingplätze zu finden, da alles extrem überbucht war. Durch meine Planung, hauptsächlich auf den Straßen und Radwegen unterwegs zu sein, konnte ich gleich zu Beginn ein gutes Tempo vorlegen. Hier sei zu erwähnen, dass durch die Infrastruktur auf den Radwegen ein zusätzliches Gewicht in Form von bis zu 10 Litern Wasser auf meinem „Amigo“ notwendig war. Ich hatte hier, gerade auf dem langen Inntalradweg, sehr lange Abschnitte, ohne einer Möglichkeit meine Wasservorräte auffüllen zu können. Landschaftlich gesehen, kann ich Österreich natürlich jedem empfehlen. Auch abseits der Wanderwege war ich doch immer in sehr schönen ländlichen Gegenden unterwegs, wo ich auch die Ruhe und Natur sehr genießen konnte.

 

Schweiz:

Auch hier hatte ich das Thema Wasser auf den Radwegen, welches aber hier nicht ganz so ausgeprägt war wie in Österreich, da die Abstände zwischen den Orten geringer waren. In der Schweiz war jedoch ein anderes Thema interessanter. Nämlich, dass man hier an einem normalen Tag mehr Höhenmeter zu gehen hatte. Dies hat aber auch den Vorteil, dass es viele schöne Aussichten zu sehen gab. Das Appenzeller Land, die Berge und Seen waren einfach traumhaft. Noch dazu immer mit dem Geläute der Kuhglocken, welche einfach immer zu hören waren.

Hier traf ich auch meine ersten Camino Freunde, mit welchen ich schöne Zeiten verbringen durfte. Diese werden mir lange Zeit in positiver Erinnerung bleiben, da dies so richtig den Pilgerweg für mich zum Leben erweckte. Davor traf ich noch keine anderen Pilger, was das Gehen etwas monoton gestaltete. Die gemeinsamen Abende mit Javier und auch der nette Abend mit Henrike, waren mir eine absolute Freude!

 

Frankreich:

Freunde für lange Zeit > dies war der Beginn einer gemeinsamen und doch individuellen Reise mit Volker. Ihn am Tag nach dem Verlust von Javier kennen zu lernen (er musste in Genf aufhören) hat mir einen Freund beschert, welchen ich bis kurz vor Santiago immer wieder traf.

Frankreich muss man von der Strecke her in 2 Abschnitte trennen.

  1. Genf – Le Puy en Velay: Dieser Bereich ist landschaftlich sehr reizvoll, aber von den Pilgern her „überschaubar“. Dies hatte jedoch den Vorteil, dass ich leichter Unterkünfte fand. Für mich persönlich war in diesem Abschnitt das prägendste Ereignis, das 1. wirkliche Problem meiner Reise, als der rechte Handgriff von Amigo brach. Hier war ich kurz mit meinen Nerven am Ende, da ich nicht wusste, ob ich es richten und somit meine Reise fortsetzen könnte. Dies brachte mich aber schon kurz darauf zur Bestätigung, dass dir der Weg gibt, was du brauchst. In meinem Fall war dies Florian, ein Bastler erster Güte! Ohne ihn wäre ein Weiterkommen sehr schwierig geworden. Das Vertrauen, eine Lösung zu finden, auch, wenn es noch so schwierig scheint, wurde dadurch maximal gestärkt. Ich konnte, egal wo ich es versuchte, immer auf die Hilfe der Menschen hoffen. Jeder war bemüht, mir zu helfen, auch, wenn es nicht funktionierte.
  2. Le Puy en Velay – Saint Jean Pied de Port: Die Ankunft in Le Puy war ehrlich gesagt ein kleiner Schock für mich, da ich durch die lange Zeit der Ruhe und wenigen Pilger/Wanderer, nicht darauf gefasst war, so viele Menschen in einer Stadt zu treffen, welche alle denselben Weg einschlagen würden. Hier hatte ich noch den Vorteil, primär auf den Straßen unterwegs gewesen zu sein. So konnte ich zumindest zwischendurch immer wieder für mich sein. Die Abende in den Unterkünften gemeinsam mit anderen Pilgern zu verbringen, zeigte mir, wie das Pilgerleben abläuft. Hier hatte ich dann auch die ersten Erfahrungen mit den „Schnarchsälen“. Durch die Menge an Pilgern, die Haupturlaubszeit und die nicht gerade üppig vorhandenen Unterkünfte, war ich im Vorteil, dass mir Chloe bei den Reservierungen half. Ich sah mehrfach Pilger, welche verzweifelt versuchten, irgendwo ein Bett zu finden. Hier war ich noch froh, das Zelt mitzuhaben, da ich so zumindest etwas entspannter sein konnte. Hier sei anzumerken, dass ich auch bei Unterkünften zelten konnte, wo ich dann gegen kleines Geld die Infrastruktur und das Essen mitbenutzen konnte. Die Pilgerwege waren hier traumhaft schön und man konnte die Geschichte des Weges richtig spüren. Auch in den Städten waren hier viel mehr Hinweise auf Jakobus zu finden. Tourismus lässt grüßen.

Das erneute Problem mit Amigo (der Achsbruch) war zwar ein echtes Problem, aber durch meine bis hier empfangenen Hilfestellungen, konnte ich eine entspannte Lösung suchen und wurde nicht enttäuscht.

 

Spanien:

Auch, wenn es nicht ganz korrekt ist, fange ich hier in Saint Jean Pied de Port an, was ja bekanntlich noch in Frankreich liegt. Der Tag über die Pyrenäen ist definitiv mein Highlight der Reise! Durch das Glück, einen regenfreien Tag zu haben, konnte ich die Schönheit der Berge so richtig genießen. Dies brachte meine Gefühle in Wallung. Es war auch toll, dass ich hier mit Jacky unterwegs war. Sie hat mir bei meinen Zahnproblemen sehr geholfen und ich habe mich sehr gefreut, sie auch später immer wieder getroffen zu haben. Spanien und auch der Camino Frances ist komplett auf die Pilgerscharen ausgelegt und daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Markierungen, Bars und Unterkünfte in großen Mengen zu finden waren. Erst mit Anfang November hat sich dies extrem geändert, da die Hauptpilgerzeit vorbei war und etliche Bars und Unterkünfte die Saison beendet hatten. Davor war es teils notwendig zu reservieren. Ich denke aber, dass man sehr wohl auch ohne Reservierung ein Bett gefunden hätte. Dies aber nur, wenn man nicht unbedingt ein Einzelzimmer haben wollte. Ich für meinen Teil hatte hier schon längst beschlossen, lieber etwas mehr zu investieren, dafür aber besser schlafen zu können. Landschaftlich ist Spanien sehr schön und reizvoll. Auch, wenn ich im Spätsommer/Herbst unterwegs war, wo die Natur schon auf braun umgestellt war. Die verschiedenen Jahreszeiten hatten über die gesamte Reise sehr großen Einfluss auf das Empfinden der Landschaften. Ich für meinen Teil habe aber auch mit der Eintönigkeit der braunen Meseta kein Problem. Ganz im Gegenteil. Hier konnte ich die Ruhe wieder mehr genießen, da auch die Pilger langsam weniger wurden. Nach meiner Covid Erkrankung in Leon hatte ich leider meine Familie (Jacky, Chloe, Benjamin, Volker) aus den Augen verloren. Zumindest Benjamin und Volker konnte ich noch einmal kurz treffen, was mich wirklich sehr gefreut hat. Ich denke aber, dass dieses „Verlieren der Freunde“ der Grund meiner geringen Empfindungen in Santiago und auch später in Finisterre war. Mittlerweile gehe ich auch davon aus, dass mir der Weg einfach zeigen wollte, dass mein Weg noch nicht zu Ende ist.

 

Fazit und diverse Empfindungen:

Ich wurde in Nachrichten gefragt:

„… ist das eingetreten, was du erwartet hast oder was anderes?“ -  Ja, und Nein. Ich konnte wie erhofft zur Ruhe kommen und mich ganz auf den/meinen Weg einlassen. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass sich dadurch mein ganzes Leben ändern wird.

 

„… diese Lebenssinn-Diskussion/Auseinandersetzung mit sich selbst im Kopf beginnt erst, wenn man erstmals keinen Bock mehr hat, weiterzugehen…“ – Dieses Gefühl hatte ich zu keiner Zeit. Ich hatte nur einen Tag, wo ich mir dachte „Wie verdammt groß ist eigentlich Frankreich?!“. Dies war aber denke ich auf die lange Zeit in einem Land mit echten Sprachschwierigkeiten zurückzuführen. Immerhin habe ich nie die französische Sprache gelernt.

 

„… wie bist du mit dem schlechten Wetter umgegangen, um die Motivation nicht zu verlieren?“ – Es gibt nur ein wichtiges Thema. Du musst deine Ausrüstung im Rucksack/Packsack trocken halten, damit du am Abend nach der warmen Dusche kein Problem mit nassem Wechselgewand oder Schlafsack hast. Unter Tags bist du so und so nass vom Schwitzen. Da ist es dann auch egal, wenn es zusätzlich regnet. Natürlich ist schönes Wetter besser und trägt mehr zur Motivation bei, da man auch schönere Weitblicke genießen kann. Man muss halt einfach im Moment die positiven Eindrücke festhalten und darauf vertrauen, dass es wieder besser wird. Auf Regen folgt meist Sonnenschein!

 

„… würdest du Amigo nochmals nehmen?“ – Ja und Nein. Auf der langen Strecke hatte ich auf jeden Fall mehr Vor- als Nachteile. Keinerlei Rückenbeschwerden trotz hohem Gewicht und doch guter Kilometer und Höhenmeter Leistungen. Der Kompromiss mit der Straße bzw. den Radwegen war für mich überhaupt kein Problem! Wenn ich allerdings z.B. „nur“ den Camino Frances machen würde, wäre ich ohne Amigo unterwegs, da ich auch um einiges weniger Ausrüstung mitnehmen würde. Es ist halt ein Unterschied, ob man für bis zu 5,5 Monate inkl. Sommer und Winterausrüstung, oder für 5 Wochen im Sommer plant.

 

„… würdest du so eine Reise wieder machen?“ – Ich vermute, die lange Strecke wird für mich nicht mehr möglich sein. Ich denke aber, dass mich kleinere Abschnitte wieder auf den Weg bringen werden. Auch, wenn es „nur“ in Österreich für ein paar Tage sein sollte. Geh bei der Haustüre raus und dein Camino beginnt auf´s Neue.

Geh in die Natur und atme, schaue, genieße!

 

Meine Empfindungen zur Reise sind einfach nur:

„Glücklich, die Möglichkeit gehabt zu haben!“

„Stolz, es geschafft zu haben!“

 

Die vielen unterschiedlichen Menschen, mit denen ich nette Gespräche führen konnte, kennengelernt zu haben und die paar Freunde meiner Camino Family, welche mir ewig in Erinnerung bleiben werden!

 

Dies soll es nun mit meinem Blog gewesen sein. Ich hoffe, es hat euch gefallen und ich konnte euch einen kleinen Einblick in mein Abenteuer des Lebens geben. Falls noch jemand detailliertere Fragen hat, kann er/sie sich einfach bei mir entweder über die Kommentarfunktion oder per Mail an Stefan.Preis@liwest.at melden.

 

Ich wünsche euch allen ein herzliches „BUEN CAMINO!“

 

Euer

Steff